Foto: Marco Meier

21.12.2023
Haushaltsrede der Fraktion der Freien Wähler zum Haushalt 2024 des Bezirks Mittelfranken

Flachslanden, 19. Dezember 2023

 

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin,

sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bezirkstags,

 

zunächst möchte ich unserem Kämmerer, Herrn Weispfenning, sowie seinem gesamten Team für die fachkundige Vorlage des umfangreichen Haushalts­werkes für das Jahr 2024 danken. Der Haushalt ist solide und transparent aufgebaut und kann die solide Haushaltsführung der letzten Jahre fortführen.

 

Ein Bezirkstag ist ein kommunales Selbstverwaltungsorgan. Wir haben nach der Bezirksordnung die überörtlichen Angelegenheiten selbst zu regeln, die über das Leistungsvermögen der Landkreise und kreisfreien Städte hinausgehen. Dabei haben wir uns verpflichtet die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren.

 

Ein Grundprinzip der kommunalen Selbstverwaltung ist, dass es in einem kom­munalen Organ weder Regierung noch Opposition gibt. Der Bezirkstag ist dem­nach kein Parlament mit Regierung und Opposition. Wir sind hier weder im Land­tag noch im Bundestag. Zu den Grundsätzen zählt auch, dass sich jede Mandats­trägerin und jeder Mandatsträger einbringen können muss. Die Verantwortung für die Aufgaben des mittelfränkischen Bezirkstages tragen wir gemeinsam.

 

Wir Freien Wähler sind der Meinung, dass dieses Prinzip in der abgelaufenen Wahlperiode sehr gut umgesetzt wurde. Mit fairem Miteinander, Respekt, Ehrlichkeit und einer guten politischen Kultur konnte der Bezirk und sein Kommunalunternehmen aus einer schwierigen Ausgangsposition in eine stabile und erfolgreiche Lage gebracht werden. Die Bezirksumlage konnte trotz deutl­icher Aufgabenmehrungen und der bewussten Entscheidung zu verschiedenen freiwilligen Leistungen stabil gehalten werden.

 

Unsere Fraktion empfand die Gespräche nach der Bezirkstagswahl und die Entscheidungen der konstituierenden Sitzung des Bezirkstags am 02.11.2023 allerdings als ausgrenzend und nicht im Sinn der kommunalen Selbstverwaltung. Uns wurde eine Oppositionsrolle zugewiesen, die wir eigentlich gar nicht wollen.

 

Unsere Fraktion besteht in dieser Wahlperiode aus einem Landrat, zwei stellv. Landräten und zwei aktiven Bürgermeistern sowie einem Altbürgermeister. Wir sind es durchaus gewohnt, zu gestalten und tun das sehr gerne.

 

Aber natürlich können wir auch die Entwicklungen im Bezirk kritisch begleiten und Dinge klar benennen, die unserer Meinung nach in die falsche Richtung laufen. Vielleicht ist es sogar wichtig, dass es eine kritische Fraktion gibt, die zu 100 Prozent hinter unserer Demokratie und der kommunalen Selbstverwaltung steht.

 

Eine Haushaltsrede am 19.12. unter diesen Vorzeichen ist natürlich eine Heraus­forderung, weil die besinnliche Adventszeit und der vorweihnachtliche Frieden nicht völlig den – unserer Meinung nach aber nötigen – klaren Worten zu den jüngsten Entscheidungen und auch Äußerungen des neuen Präsidenten in der regionalen Presse geopfert werden sollen.

 

Einige Äußerungen, egal, ob ausgesprochen oder zwischen den Zeilen formuliert, kommen bei vielen Menschen als Nachtreten an. Wir kennen das aus der vergangenen Wahlperiode nicht und halten das auch für nicht angemessen.

 

Wir halten die Umstrukturierungen an der Bezirksspitze und auch so manche Entscheidung zu den Ausschüssen und Beauftragungen für falsch, unnötig oder zumindest fragwürdig. Da wir gerade den Haushalt für das nächste Jahr beschlie­ßen, sollte man auch durchaus auch auf die Kosten schauen, die die neue Mehr­heit im Bezirkstag in Kauf nimmt.

 

Der finanzielle Aufwand für den Bezirkstagspräsidenten und seine Stellver­treterin sind bayernweit beispiellos. Sie haben sich im Vergleich zu den Vor­gängern schlicht verdoppelt. Von rund 6.000 € auf rund 11.000 € für den Präsidenten, wohlgemerkt im Monat, und für die Stellvertreterin von rund 3.000 € auf rund 6.000 €. Da hat man sich ordentlich was gegönnt und sich die Macht bzw. die Teilhabe daran auch richtig was kosten lassen.

 

Übertrieben ist für uns auch die Entschädigung für den Beauftragten des Bezirks für die Belange der Menschen mit Behinderung. Dieser erhält künftig mit 659 € im Monat sogar das Zweieinhalbfache seiner Vorgängerin. Eine Reihe von Aus­schüssen wurden von acht auf zehn Personen aufgestockt. Auch hierfür fallen Kosten an. Profiteure sind auch hier ausschließlich die CSU und die Grünen.

 

Diese schwarze-grüne Selbstbedienungsmentalität stößt nicht nur vielen unserer Mitarbeitenden sauer auf. Hier wurden unserer Meinung nach für ein ehren­amtlich tätiges kommunales Gremium Grenzen überschritten.

 

Festzustellen ist, dass niemand den neuen Präsidenten gezwungen hat, seinen Beruf aufzugeben. Es war seine freiwillige Entscheidung, die fachlich sicher nicht erforderlich gewesen wäre. In den Rathäusern der Bezirke in Bayern gibt es im Unterschied etwa zu Gemeinden und Landkreisen hochleistungsfähige und damit zu Recht hochdotierte Direktorinnen und Direktoren, die der Freistaat Bayern zur Leitung der Verwaltungen entsendet.

 

Einen hauptamtlichen Bezirkstagspräsidenten braucht es eigentlich nicht, das sehen im Übrigen, außer dem Sonderfall Oberbayern, alle anderen Bezirke genauso. In Niederbayern etwa ist ein hauptamtlicher Bürgermeister zugleich Bezirkstagspräsident, in Schwaben ein hauptamtlicher Landrat und ebenso in der Oberpfalz. Dieser übt zudem noch die weitere Funktion des Präsidenten des Bayerischen Bezirketags aus.

 

Also geht es faktisch um etwas anderes. Faktisch geht es um eine Schaffung von weiteren Wahlämtern im öffentlichen Dienst und damit um eine Selbst­bedienung an den Steuerzahlenden. Das ist rechtlich nicht verboten, aber in Zeiten, zu denen andere Menschen wirtschaftlich echt kämpfen müssen, ist es für uns schlicht unangemessen.

 

Wobei man einem hauptamtlichen Präsidenten vielleicht sogar noch eher zustimmen könnte als den Veränderungen in der Stellvertretung, mit denen sich die Grünen offensichtlich überzeugen ließen. Dazu wurde auch noch argumen­tiert, dass die Stellvertreterin wegen der erheblichen zeitlichen Inanspruch­nahme deutlich mehr Geld brauche, um ihr hauptamtliches Engagement bei der Stadt Nürnberg reduzieren zu können.

 

Allerdings müsste sie doch eigentlich mit Blick auf den 16-Stunden-Tag des neuen Präsidenten, der in 16 Stunden ja deutlich mehr schaffen müsste als sein ehrenamtlicher Vorgänger, weniger Arbeit haben, als ihre Vorgängerin. Die aller­dings begnügte sich mit dem halben Salär. In diesem Zusammenhang wäre es für die Steuerzahlenden auch interessant zu wissen, um wieviel denn nun die Arbeitszeit der Vizepräsidentin tatsächlich reduziert wurde.

 

Gar nicht mehr nachvollziehen können wir allerdings die neueste Information, dass der Bezirkstagspräsident trotz des 16-Stunden-Tags und einer massiv eingespannten Stellvertreterin auch noch einen persönlichen Referenten zu­sätzlich brauche. Zu dieser Stellenplanentscheidung und Eingruppierung haben wir erhebliche rechtliche, wirtschaftliche und politische Fragen, weswegen wir hier nicht zustimmen. Und dabei geht es ausdrücklich nicht um den hochge­schätzten Kollegen persönlich!

 

Zusammenfassend halten wir diese Entscheidungen für einen Schlag ins Gesicht echter Ehrenamtler, die zu Zigtausenden unseren Bezirk Mittelfranken in seinen sieben Landkreisen und fünf kreisfreien Städten am Laufen halten. Natürlich wissen wir auch, dass diese Entscheidungen den Gesamthaushalt des Bezirks nicht umwerfen werden, wir sehen aber mit großer Sorge, welche Haltung hier zum Vorschein kommt.

 

Geld spielt offensichtlich nur dann eine Rolle, wenn es andere betrifft, oder wenn politisch Unliebsames verhindert werden soll. Mit uns ist das nicht zu machen und deshalb lehnen wir die betreffenden Teile des Haushaltsplans ab.

 

Die sich überlagernden weltweiten Krisen prägen unsere Zeit. Wir leben in einer Zeit bislang großer weltweiter Verwerfungen. Leider konnte der russische Angriffskrieg auf die Ukraine in diesem Jahr nicht beendet werden und droht, entweder zu einem langen Stellungskrieg zu werden, oder sich sogar zugunsten des Angreifers zu drehen.

 

Die Auswirkungen der Klimakrise werden mit jedem Hitzesommer sichtbarer, jedoch kann sich die Weltgemeinschaft nicht auf die eigentlich nötigen Schritte zur Eindämmung einigen. Die Verfechter und Profiteure der fossilen Energie­quellen Öl und Gas geben noch nicht auf. Kaum sind die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet, sehen manche die Atomkraft schon wieder als Energie der Zukunft.

 

Die Inflation lässt zwar langsam nach, jedoch werden uns die hohen Zinsen noch eine Zeit lang begleiten und damit auch ein großer Hemmschuh der wirtschaft­lichen Entwicklung. Die daraus folgenden hohen Lohnabschlüsse belasten zusehends die öffentlichen Haushalte.

 

Die Menschen in unserem Land sind zutiefst verunsichert. Das Vertrauen in die Politik schwindet. Die Verlässlichkeit ist verloren gegangen. Der Umgangston in der Politik ist rauer geworden, von gegenseitiger Wertschätzung ist in Berlin kaum noch etwas zu spüren. Die Demokratie leidet.

 

Daher brauchen unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere Demokratie, unsere Mitarbeitenden im Bezirksrathaus, in den Bezirkskliniken, in unseren Einrich­tungen sowie der Bezirkstag ein geordnetes Miteinander, eine gute politische Kultur und transparente Entscheidungen.

 

Unser Dank gilt allen Mitarbeitern des Bezirks und seiner Einrichtungen. Sie sorgen dafür, dass der Laden läuft und ohne sie würde gar nichts gehen. Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit und Ihren Einsatz!

 

Mit Sorge sehen wir, dass die Rechnung für die vielfältigen Krisen vor allem den Schwächsten der Gesellschaft präsentiert wird. Es macht uns betroffen, dass immer mehr Alleinerziehende und Familien ihren Lebensunterhalt kaum bestrei­ten können, dass das Armutsrisiko auch in unserem reichen Land steigt und vor allem Kinder und immer öfter auch ältere Menschen darunter leiden.

 

Ein soziales Ungleichgewicht ist eine Hypothek zu Lasten nachfolgender Genera­tionen. Maßstab der Politik muss aus Sicht der Freien Wähler die absolute Ausrichtung am Gemeinwohl und an einer gerechten Teilhabe aller sein. Daher gehört es zu den vordringlichen gesellschaftlichen Aufgaben insbesondere die Lebenswirklichkeit der Schwächsten wahrzunehmen, ihnen zuzuhören und sie nach Kräften zu unterstützen.

 

Die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern, Einrichtungen, Sozialstationen, Rettungsdiensten und Arztpraxen leisteten in den drei Corona-Jahren einen unschätzbar wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie. Nun könnte sich die Lage eigentlich wieder beruhigen, jedoch bringen die schwierigen Rahmen­bedingungen und der dadurch bedingte Fachkräftemangel die Pflegekräfte weiterhin an ihre Grenzen und die Lauterbach‘sche Krankenhausreform die Krankenhausträger in ernste finanzielle Schwierigkeiten.

 

Wir fordern die Verantwortlichen im Sozial- und Gesundheitswesen auf, insbe­sondere auch die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung, sich mit Nachdruck für eine spürbare Verbesserung der Rahmenbedingungen in diesen Berufszweigen einzusetzen. Der Würdigung und den Dankensworten während der Corona-Zeit müssen auch Taten folgen.

 

Das Gesundheitswesen in Deutschland ist krank. Kleine Krankenhäuser müssen aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen werden, überall werden rote Zahlen geschrieben, Leistungen werden nicht dem Aufwand entsprechend abgerechnet, Fachkräfte fehlen, vielfach ist ein Sanierungsstau erkennbar.

 

In diesem Kontext bewegen sich auch die Bezirkskliniken Mittelfranken. Hier erlebten wir in vergangenen fünf Jahren eine deutliche Stabilisierung. Daher kann sich unsere Fraktion kann sehr gut vorstellen, mit dem aktuellen Vorstand als Einzelvorstand weiterzuarbeiten. Eine Doppelspitze ist nicht zwangsläufig die bessere Lösung. Unsere Mitarbeitenden brauchen in diesen herausfordernden Zeiten Verlässlichkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Dies gilt auch und besonders für den Vorstand.

 

Nach dem Wirtschaftsplan 2024 steigt der Jahresfehlbetrag auf über 5 Mio. €. Daher sollten die angestoßenen strategischen Entscheidungen nicht weiter ver­zögert werden, wir müssen ernsthafte Antworten auf die strategischen Zukunfts­fragen geben: „Tun wir die richtigen Dinge, und tun wir sie dann auch richtig?“

 

Sinkende Zinseinnahmen sorgten in den letzten Jahren für Probleme bei der Mittelfranken-Stiftung, weil die aus früherer Zeit gewohnten Erträge nicht mehr erwirtschaftet werden konnten. Aktuell verbessert sich die Situation zwar wieder, jedoch muss erst einmal der Stiftungsgrundstock wieder gestärkt werden. Ansonsten würden die zukünftigen Erträge massiv gefährdet. Die Herausnahme des Zuschusses für den Landschaftspflegeverband und eine Überführung in den Bezirkshaushalt ist deshalb die logische Entscheidung, die wir mittragen.

 

Unser Festival „Fränkischer Sommer“ ist neu aufgestellt worden und wurde unter der neuen Intendantin ein großer Erfolg. Wir danken allen Beteiligten für die Neukonzeption und die tolle geleistete Arbeit. Wir stehen zum „Fränkischen Sommer“, wohl wissend, dass Kunst und Kultur Geld kosten, und freuen uns bereits jetzt auf die Neuauflage 2025.

 

Die Höhe der Bezirksumlage zählt für unsere Umlagezahler, für die kreisfreien Städte und Landkreise in Mittelfranken, zu den wichtigen Kennzahlen des Bezirkshaushalts. Es ist sehr erfreulich, dass der Bezirkstag in der vergangenen Wahlperiode die Bezirksumlage zunächst leicht senken und dann gleichbleibend stabil halten konnte. Im letzten Jahr wäre sogar eine weitere leichte Senkung möglich gewesen. Leider wurde unser entsprechender Antrag abgelehnt.

 

Diese solide Finanzpolitik der letzten Jahre ist die Grundlage für einen soliden Haushalt 2024 und ermöglicht auch die Beibehaltung des Hebesatzes mit 23,55 Punkten. Dies ist auch im Sinn der Umlagezahler.

 

Die nachhaltige Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, eine stabile Bezirksumlage ohne große Aus­schläge nach oben und die verlässliche und faire Partnerschaft mit unseren Umlagezahlern sind für unsere Fraktion wichtige politische Ziele.

 

 

 

Wie schon erwähnt sehen wir den Bezirksrat als Kollegialorgan der kommunalen Selbstverwaltung. Wir gestalten sehr gerne mit und wollen das auch in der neuen Wahlperiode tun. Allerdings nehmen wir auch gerne unsere neue Rolle als kritischer Begleiter des Präsidiums und der dieses tragenden Mehrheits­fraktionen an.

 

Demokratie lebt auch von Kritik und muss diese auch aushalten können. Unsere Bezirkstagsfraktion stimmt der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan 2024 sowie der Finanzplanung zu. Den Einzelplan 0 lehnen wir ab. Die Gründe wurden bereits hinreichend erläutert.

 

Persönlich - sowie im Namen meiner Kollegen Armin Kroder, Marco Meier und Walter Schnell - danke ich allen – sowohl im Bezirkstag als auch in der Ver­waltung – für das menschlich angenehme und konstruktive Miteinander.

 

Ihnen allen und Ihren Familien wünsche ich eine gesegnete und friedvolle Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und vor allem Gesundheit, das Glück der Zufriedenheit, die nötige Gelassenheit sowie viel Freude im neuen Jahr 2024!